Wallraf und wir.
Eine Stadt (er-)findet ihren ›Erzbürger‹

Vorankündigung:
Die Online-Publikation erscheint anlässlich des 200sten Todestages Ferdinand Franz Wallrafs am 18. März 2024.

Sebastian Schlinkheider M. A.

Informationen zum Autor

Sebastian Schlinkheider (Homepage) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kölner Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit (Prof. G. Gersmann) und hat 2022 zur geschichtskulturellen Rezeption des Kölner Sammlers Ferdinand Franz Wallraf promoviert.


Vorschau zur Publikation

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  • Ferdinand Franz Wallraf imaginiert als ‚Erzbürger‘ der Stadt Köln
    Bildmotiv erstellt mit der KI Midjourney 5.2 nach Carl Joseph Begas, Bildnis des F. F. W., Bleist. auf Papier, 1819 Bildrechte: Sebastian Schlinkheider, Midjourney 5.2
  • Nachruf auf Ferdinand Franz Wallraf
    Kölnische Zeitung, Nr. 46, 20. März 1824, Titelblatt.
    Digitalisat: USB Köln
     

„Unser Wallraf – ist nicht mehr unter den Irdischen“

Mit diesen Worten beginnt der Nachruf der Kölnischen Zeitung auf Ferdinand Franz Wallraf, der zwei Tage nach seinem Tod am 18. März 1824 veröffentlicht wird. Diese Formulierung bringt den Ausgangspunkt für die geplante Publikation auf den Punkt: Das fast intime „unser Wallraf“, das hier formuliert wird, verweist auf die kölnische Stadtgesellschaft als ein „Wir“, das kollektiv von dem Verlust seiner Person betroffen ist. In der digitalen Publikation, die hier in Kürze verfügbar sein wird, steht nicht die Frage im Vordergrund, wer Wallraf war – es handelt sich also nicht um eine Biografie, die seine Lebensleistungen herausarbeitet –, sondern die Frage, wie Wallraf nach seinem Tod durch die Nachwelt als Figur der Stadtgeschichte betrachtet wurde und wird.

Viele verschiedene Rollen wurden Walraf zugeschrieben: Die eines (Universal-)Gelehrten, eines Lehrers, eines Sammlers und schließlich natürlich eines Stifters  – verwirklicht vor allem durch sein drittes Testament aus dem Jahr 1818 (→ hier lesen Sie Genaueres dazu und können in Wallrafs Testamente hineinschauen). Ganz wesentlich wird Wallraf aber als ein „echter Kölner“ aufgefasst, der in seinem politischen Profil, in seinem Humor und in seinem ganzen Wesen die Stadt Köln repräsentiert, ja geradezu verkörpert habe. Dass Wallraf in einer Unzahl posthumer Veröffentlichungen und Bezugnahmen als ›Erzbürger‹ der Stadt tituliert wurde, ist eine einmalige begriffliche Verdichtung dieser Eigenschaften und Rollen. Den Ursprung und die Etablierung des Titels ›Erzbürger‹ genauer zu erörtern, wird deshalb einen Kern der geplanten Publikation darstellen.

Immer wieder wurde der "Erzbürger Wallraf" seinen Mitbürger*innen zum Vorbild erklärt und als Protagonist der kulturellen Selbstvergewisserung der Stadt Köln adressiert. "Wir“ Kölner*innen heute können in diesem Sinne „unseren Wallraf“ als einen Grundstein der Kölner Stadtgeschichte am Beginn der Moderne heben – nicht zuletzt, um über unser eigenes Verhältnis zu Köln neu nachzudenken. Auch dazu soll diese Publikation anregen!